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Siegendorf. Das Grab am Ortsfriedhof

Am 28. März 1945 wurde in den in Lagern des Bauabschnitt Niederdonau Mitte die Evakuierung befohlen. Die Zwangsarbeiter von Siegendorf wurden vor die Alternative gestellt, entweder nach Westen zu marschieren, oder im Lager die Befreiung durch die Rote Armee abzuwarten. Dass das Ziel des Evakuierungsmarsches das Lager Mauthausen war, konnten die Zwangsarbeiter zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen. Fast 200 Marschunfähige blieben auf eigenen Wunsch zurück. Die Juden wurden in ihrem Quartier in der Fabrik eingesperrt. Nach Aussage von János Hajnal liess man ihnen geringe Mengen an Lebensmitteln zurück. Hajnal berichtet, dass er von den ca. 400 Marschfähigen nur einen einzigen jemals wieder lebend sah.

Nicht alle der Lagerinsassen überlebten die Befreiung. Als am 1. April 1945 Soldaten der Roten Armee die Tore zur Fabrik öffneten, bot sich ihnen ein schreckliches Bild. 68 Menschen – ein Drittel der Zurückgelassenen – war inzwischen verstorben.[1]

Die Front überrollte den Ort, und die Rote Armee ernannte einen jungen Kommunisten zum kommissarischen Bürgermeister von Siegendorf. Von russischen Offizieren erhielt er den Befehl, ein aus sechs bis acht Siegendorfern bestehendes Beerdigungskommando zusammen zu stellen. Die Toten wurden in roh gezimmerte Holzkisten gelegt und am Ortsfriedhof bestattet. Die Grabanlage befindet sich noch heute unmittelbar beim Eingang des heutigen katholischen Friedhofs.Friedhof Siegendorf 1993 Vorschau Der größte Teil der ca. 130 Überlebenden des Lagers war in einem gesundheitlich höchst bedenklichen Zustand. Auf Anordnung der russischen Kommandantur mussten diese schwerkranken Menschen von Ortsbewohnern gesund gepflegt werden. Ob nach der Befreiung noch weitere ungarisch jüdische Zwangsarbeiter in Siegendorf ihren Krankheit erlagen, konnte nicht mehr festgestellt werden. Das Grab befindet sich heute in einem sehr gepflegten Zustand und liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Grabanlage mit fünf russischen Kriegstoten, die bei der Befreiung von Siegendorf ihr Leben verloren.

Zwei der ungarisch-jüdischen Opfer des Grabes am Friedhof sind namentlich bekannt: die Brüder Sándor (1904-1945) und István Hajnal (1906-1944) aus Mosonmagyaróvár. Nach dem Krieg ließ ihnen ihre Schwester einen Grabstein errichten, der sich noch heute dort befindet. Ein weiterer mit mosaischen Ornamenten verzierter Grabstein befindet sich ebenfalls am Friedhof.

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[1] Die Zahl 68 nannte Johann Szorger im Zuge eines Interviews im Juni 1993.

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