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Das Massaker am Abend des 30. März 1945

Gegen 19 Uhr am 30. März 1945 erreichte der letzte Evakuierungstransport St. Margarethen. Er bestand aus etwa 120 Personen. In St. Margarethen wechselte die Wachmannschaft, und die Unterabschnittsleitung teilte einige SA-Männer für den Weitertransport zum nächsten Sammelpunkt in Loretto ein.

Gleichzeitig instruierte Ortsgruppenleiter Unger den Gendarmerie-Postenkommandanten Franz einen Gendarmen zusätzlich als Begleiter bereitzustellen. Unger wollte eine weitere „Panne“, wie die Ermordung der 40 ungarischen Juden am Nachmittag in aller Öffentlichkeit, verhindern. Er befahl 150 Schuß Munition mitzunehmen. Postenkommandant Franz bestimmte Matthias Kremser zum Begleiter des Transportes.[1] Die SA-Männer besorgten sich ebenfalls Munition, SA-Mann Stein erhielt 60 Schuß. Um 20 Uhr ging der Transport ab, doch bereits nach zwei Stunden war die Begleitmannschaft wieder zurück.[2] Nach seiner Rückkehr wurde Stein gefragt, was geschehen sei. Stein gab keine konkrete Auskunft, ließ aber anklingen, daß er Fürchterliches erlebt habe.[3] Auch Gendarmeriepostenkommandant Franz war über das rasche Wiedersehen mit Kremser überrascht. Kremser erklärte ihm, er sei bereits nach zwei Stunden zurück gewesen, da außerhalb von St. Margarethen alle Juden erschossen worden seien.[4] Bis heute wurde ihr Grab nicht gefunden.

Formell war die Unterabschnittsleitung in ihrem Bereich für die ordnungsgemäße Abwicklung der Evakuierungsmärsche verantwortlich.[5] Ob der Liquidierungsbefehl in diesem Fall von Unterabschnittsleiter Stoik oder aber vom Ortsgruppenleiter Unger ausging, läßt sich nicht eindeutig beantworten. Die Tatsache, daß Unger eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Patronen an die Begleitmannschaft ausgeben ließ, spricht aber eher für ihn als Anstifter zum Mord. An diesem Tage übernahm Karl Unger überall die Initiative. Er tauchte bei der Ermordung der sechs Juden am Vormittag auf[6], organisierte die Erschießung der Gruppe der 30 bis 40 Juden am frühen Nachmittag, und kümmerte sich um den Abtransport der Gruppe der 120 am Abend desselben Tages.[7] Sein engster Mitarbeiter war dabei jeweils der Gendarmerie-Postenkommandant Viktor Franz.

Viktor Franz blieb in St. Margarethen unverständlicherweise noch bis in den März 1946 hinein als Postenkommandant tätig, ehe er als nicht mehr tragbar seines Postens enthoben wurde.[8]

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[1] Vgl. dazu Lg Wien 31 Vr 471/56: Niederschrift mit Matthias Kremser vom 20. Mai 1946 und Niederschrift mit Viktor Franz vom 20. Mai 1946

[2] Ermittlungsersuchen an das Gendarmeriepostenkommando in Horn und Gmünd vom 1. August 1946. Lg Wien 31 Vr 471/56

[3] Vgl. dazu Lg Wien 31 Vr 471/56: Niederschrift mit Matthias Kremser vom 20. Mai 1946 und Niederschrift mit Viktor Franz vom 20. Mai 1946

[4] Aussage von Viktor Franz vor dem Bezirksgericht Eisenstadt am 15. Januar 1946. Lg Wien Vg 11h Vr 3117/45, S. 55f

[5] Lg Wien 31 Vr 471/56: Niederschrift mit Matthias Denk vom 30. Mai 1946

[6] Vgl. Lg Wien Vg 11h 3117/45: Aussagen von Paul Palkovits vom 4. September 1945 (S. 15f), 15. Dezember 1945 (S. 27f), 15. Januar 1946 (S. 57f) und vom 25. Juli 1946 (S. 115), sowie Lg Wien 31 Vr 471/56: Aussage von Paul Palkovits vom 17. August 1946.

[7] Vgl. dazu Lg Wien 31 Vr 471/56: Niederschrift mit Matthias Kremser vom 20. Mai 1946 und Niederschrift mit Viktor Franz vom 20. Mai 1946

[8] Lg Wien Vg 11h Vr 3117/46: Aussage von Viktor Franz vom 3. Dezember 1947, S. 273

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