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Die Exhumierung der Opfer von Zurndorf

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) erhielt über die 1948 getätigte Zeugenaussage des in Zurndorf lebenden Josef Gutdeutsch bei der Jüdischen Historischen Dokumentation in Wien Informationen über die Massengräber von Zurndorf. Noch 1948 suchte die IKG beim Innenministerium um materielle Unterstützung für die Exhumierung der Opfer von Zurndorf an, erhielt aber eine abschlägige Antwort.[1] Einige Jahre später, im Januar 1953, recherchierte die IKG vor Ort in Zurndorf zu den jüdischen Massengräbern. Offenbar war neben Josef Gutdeutsch der Friedhofswärter Julian Kellermann die wichtigste Gewährsperson für die festgestellten Tatbestände. Wieder ein Jahr später, am 15. Februar 1954, stellte die IKG bei der Burgenländischen Landesregierung, Abteilung Kriegsgräberfürsorge, einen Antrag auf Bewilligung der Exhumierung jüdisch-ungarischer Opfer aus 4 Massengräbern in Zurndorf. Damals ging man noch aufgrund der eigenen Recherchen davon aus, dass es sich bei den dort liegenden Opfern um Zwangsarbeiter handelte, die im Jahre 1945 in der Umgebung von Zurndorf arbeiteten und dort umgebracht wurden. Die Massengräber werden folgendermassen beschrieben: Zurndorf Auf der Buche2

Grab Nr. 1 befindet sich in der Nähe der Kirche unmittelbar vor der Aussenmauer des Friedhofs.

Grab Nr. 2 befindet sich 500 m links von der Kirche auf einem freien Feld.

Die Gräber Nr. 3 und 4 sind auf einer Gemeindewiese (sogenannte Hutweide) 2 ½ km vom Orte entfernt.

In einer ersten Reaktion der burgenländischen Landesregierung wurde die IKG „eingeladen, anher bekannt zu geben, ob Sie gegebenenfalls bereit sind, sämtliche mit der beantragten Umbettungsaktion verbundenen Kosten zu tragen.“[2] Erst nach der Zustimmung zu dieser Frage – die offenbar erfolgte – kontaktierte das Bundesministerium des Innern als zuständige Behörde angeblich die ungarischen Regierungsstellen, da es sich ja schließlich um deren Staatsbürger handle. Danach geschah erst einmal lange Zeit nichts. Nachdem keine weitere Korrespondenz einlangte, stellte die IKG im März 1964 erneut einen Antrag auf Exhumierung.[3] Im September 1964 teilte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl der IKG schließlich mit, dass aufgrund der Erfassung von Gräbern mit jüdischen Opfern inzwischen bekannt sei das im ersten Grab 6 Tote, im zweiten Grab 56 Tote, im dritten Grab 60 Tote ruhen, während die Anzahl der Toten im vierten Grab unbekannt sei.

Erst 1967 kam wieder Bewegung in die Angelegenheit. In der IKG ging man zu dieser Zeit noch von vier Massengräbern mit 600 Toten aus, aber man bezeichnete die Opfer nicht mehr ausschließlich als Zwangsarbeiter, sondern sah sie auch schon als Opfer von Todesmärschen. In einem Schreiben am 1. März 1967 an die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl bekundete die IKG erneut ihren Willen zur Exhumierung der Toten von Zurndorf. Gleichzeitig betonte sie aber auch, dass es sich „in dem konkreten Falle nicht um eine von Privatpersonen beantragte Enterdigung von Familienmitgliedern, sondern um eine Wiedergutmachung im Dienste der Pietät gegenüber unschuldigen politischen Opfern des NS-Regimes“ handelt. Daher stellte man gleichzeitg den Antrag, die Exhumierung und Wiederbestattung von allen Taxen und Gebühren zu befreien. Zwar wollte man die Enterdigungs- und Überführungskosten weiterhin übernehmen, behielt sich jedoch vor bezüglich Ersatz der Kosten mit dem Innenministerium in Verbindung zu treten.[4]

Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See erteilte am 25. Oktober 1967 die „Bewilligung zur Enterdigung der jüdischen Toten, die in den Jahren 1944 und 1945 verstorben und in Massengräbern im Gemeindegebiet Zurndorf beerdigt wurden. (...) Da es sich bei diesen Toten lt. Bundesgesetz v. 7. 7. 1948, BGBl. Nr. 176/48 um Opfer des Kampfes für ein freies demokratisches Österreich und Opfer politischer Verfolgung handelt, war die Stempelpflicht aufzuheben.“[5]

Am 23. November 1967 wurden von der Israelitischen Kultusgemeinde 127 in Zurndorf exhumierte Opfer auf dem neuen jüdischen Friedhof in Eisenstadt wiederbestattet.

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[1] Eleonore Lappin-Eppel. Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45. Arbeitseinsatz – Todesmärsche – Folgen. S. 213f

[2] Archiv der IKG Wien. Feldsberg-Akten. Mappe Zurndorf. Antrag an die Burgenländische Landesregierung auf Bewilligung der Exhumierung jüdisch-ungarischer Opfer in Zurndorf vom 15. Februar 1954.

[3] Archiv der IKG Wien. Feldsberg-Akten. Mappe Zurndorf. Antrag an das Innenministerium auf Bewilligung der Exhumierung jüdisch-ungarischer Opfer in Zurndorf vom 3. März 1964.

[4] Archiv der IKG Wien. Feldsberg-Akten. Mappe Zurndorf. Antrag an die Burgenländische Landesregierung auf Bewilligung der Exhumierung jüdisch-ungarischer Opfer in Zurndorf vom 1. März 1967.

[5] Archiv der IKG Wien. Feldsberg-Akten. Mappe Zurndorf. Bescheid auf Bewilligung zur Enterdigung der jüdischen Toten vom 25. Oktober 1967.

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